Die Teamer:innen der Jugendbildungsstätte Waldmünchen

Für unsere Interviewreihe über die Teamer:innen besuchen wir alle JuBis und fragen nach: Wie läuft das eigentlich bei euch so mit dem Teamen? Wiesoweshalbwarum und überhaupt? Denn in jedem unserer 12 Häuser sind die Aufgaben- und Einsatzbereiche unterschiedlich. Gründe dafür sind zum Beispiel die Lage, die unterschiedlichen Trägerschaften der Häuser oder auch die jeweiligen Bildungsschwerpunkte. Diesmal haben wir unserer östlichsten Jugendbildungsstätte einen Besuch abgestattet, die quasi nur einen Frisbeeweitwurf von der tschechischen Grenze im oberpfälzischen Waldmünchen liegt. Burgen gibt es bei den JuBis in Bayern ja mehrere (und wunderschöne!), die Bildungseinrichtung in „WaMü“ ist als einziges unserer 12 Häuser in einem Schloss untergebracht; sozusagen das Hogwarts unter den JuBis 😉 Der Leiter der Jugendbildungsstätte Waldmünchen ist Johannes Himmelhuber und von ihm haben wir natürlich unter anderem die Ergänzung zur Wikipedia-Definition  “Als Teamer (von englisch Team) werden Personen bezeichnet, die Schulungen durchführen oder Gruppen betreuen und anleiten“ abgefragt.

Welche Aufgaben haben die Teamer:innen der JuBi?
Johannes:
Die Teamer:innen leiten die Seminare, begleiten also die Kinder und Jugendlichen während ihrer Zeit an der JuBi. Je nach Schwerpunkt des Seminars bereiten sie unterschiedliche Inhalte vor. Thematisch ist von Nachhaltigkeit über Berufsorientierung und politische Bildung bis hin zur Entwicklung einer funktionierenden Klassengemeinschaft alles dabei. Dazu gehört dann auch die Vor- und Nachbereitung der Tage, sich Methoden zu überlegen, Plakate zu gestalten oder die Medienvorbereitung.

Wie wird man Teamer:in bei euch?
Indem man einfach herkommt 🙂 Der erste Schritt nach einer formlosen Bewerbung ist die Hospitation, also bei einem Seminar dabei sein und einfach mal schauen, ob die Arbeit dem entspricht, was man sich vorgestellt hat. Danach gibt es verschiedene Stufen von Co-Teaming bis zum/zur vollständigen Teamer:in. Wichtig ist uns dabei, die Teamer:innen individuell so zu begleiten, dass sich Jede:r sicher in der Durchführung des Seminars fühlt.

Wie viele Teamer:innen gibt es in der JuBi?
Wir haben momentan ungefähr 40 Teamer:innen auf der Liste, die natürlich unterschiedlich häufig im Jahr da sind. Pro Woche sind es im Durchschnitt acht Teamer:innen.

Hand aufs Herz: Was wäre die JuBi ohne Teamer:innen?
Grau, trostlos, langweilig, ohne Seminare.

Was würdest Du der Wikipedia-Definition noch hinzufügen?
„Sie bringen durch ihre Tätigkeit einen enormen Mehrwert für die Kinder und Jugendlichen, neben dem Wissenserwerb bieten sie ihnen vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten im Umgang mit anderen Kindern und Jugendlichen. Außerdem bietet die Teamer:innentätigkeit auch die Möglichkeit für die (meist jungen) Teamer:innen, praktische Erfahrungen zu sammeln und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Gibt es sonst noch irgendwelche Besonderheiten?
Unsere Jubi ist in einem alten Schloss – es kann euer ganz persönliches Hogwarts werden und ihr bekommt auch noch Geld!

Das klingt echt sehr verlockend! Hören wir mal, was die Waldmünchner Teamer:innen Clarissa Piendl, Miriam Zierer und Tobias Creutzner selbst zu sagen haben. Eins vorweg: Wer nach diesem Artikel Lust bekommt – und das halten wir für nicht unwahrscheinlich – selbst als Teamer:in bei der JuBi anzuheuern, gelangt hier zur Teamer:innen-Ausschreibung der Jugendbildungsstätte Waldmünchen! So, aber nun zu unserer Fragerunde:

Teamer*in sein bedeutet für mich…

Clarissa: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ihrem Lern- und Reifeprozess in Bildungsmaßnahmen zu unterstützen. Dabei bin ich i.d.R. zusammen mit mindestens einer weiteren Person zuständig, jungen Menschen einen Anstoß in ihrer Entwicklung zu geben, damit sie selbständig daran weiterarbeiten.

Miriam: Teamerin sein bedeutet für mich Umgang mit Menschen und mit vielen verschiedenen Menschen zusammenkommen und Erfahrungen teilen, also die eigenen Erfahrungen so ein bisschen weitergeben. Und ich glaub das ist der Kernpunkt für mich, dass man mit ganz vielen verschiedenen Menschen von unterschiedlichen Altersgruppen zusammenkommt und zusammenarbeitet und immer wieder neue Menschen kennenlernt. Dazu zählen neben den Jugendlichen auch die Lehrkräfte, Ausbilder*innen und Betreuer*innen. Man lernt ganz viele Leute kennen und hat auch mit vielen Altersspannen zu tun, egal ob Grundschüler*innen, Mittelschüler*innen oder Oberstufe im Gymnasium.

Tobias: Sich Woche für Woche immer wieder auf die unterschiedlichsten Gruppen und wahrlich bunten Menschen einzulassen. Auf die vorhandenen Ressourcen der Teilnehmenden einzugehen und mit Ihnen zu Arbeiten. Gemeinsam Lachen, aber auch Sachen zu hinterfragen! Das ist nicht immer einfach und kostet manchmal Kraft, aber wenn man am Ende in zufriedene Gesichter sieht – auch wenn es nur ein einziges in der Klasse ist – dann hat es sich in dieser Woche schon gelohnt und das gibt einen dann auch wieder viel zurück und dann hat es sich gelohnt, alles zu geben, mit vollem Herzblut!

Das möchte ich den Kindern und Jugendlichen, die ich betreue, mitgeben…

Clarissa: Ich möchte sie dabei unterstützen, sich selbst ausprobieren zu können. Dass sie neue Erfahrungen sammeln, vielleicht auch an ihre Grenzen stoßen, aber auch schöne Erlebnisse mitnehmen können.

Tobias: Dass die Jugendlichen alles einzigartige Menschen sind, die noch so viel vor sich liegen haben und etwas bewegen können, wenn sie es wollen! Und das ist je nach Bildungsschwerpunkt ganz vielfältig: In der Berufsorientierung zu vermitteln, dass sie es in der Hand haben, das zu erreichen, was sie sich wünschen, an die eigenen Kompetenzen zu glauben und daran weiterzuarbeiten! In der Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung, dass sie mutig sein sollen, was verändern zu wollen, dass es so nicht mehr weitergeht! Das ist nicht immer einfach, aber machbar, wenn sie es nur wollen!

Miriam: Ich möchte den Jugendlichen gerne die Freunde am Umgang mit Menschen mitgeben, dass des cool ist, und dass man auch außerhalb von Alltag und Schule Spaß hat und was lernen kann. Aber klar, so eine Seminarwoche ist nicht weltverändernd – aber wenn’s auch nur ein kleiner Denkanstoß ist, den die Jugendlichen mitnehmen ist es schon sehr viel wert.

Als Teamer:in habe ich diese prägenden Erfahrungen gemacht…

Miriam: Prägend ist, dass du mit jedem Seminar dazulernst, egal welche Klasse oder Gruppe da ist. Deshalb ist es schwierig zu sagen, ein bestimmtes Seminar war sehr prägend, weil man aus jedem Seminar was mitnimmt und für sich selber etwas lernt. Es gibt schon Besonderheiten wie zum Beispiel, wenn eine Gruppe richtig eindrucksvoll die Vorgaben das umsetzt, zum Beispiel bei einer Teamübung. Aber das kann ich jetzt gar nicht auf einzelne Erfahrungen runterbrechen.

Tobias: Jedes einzelne Seminar hat seine prägenden Momente, vom gemeinsamen Lachen, hitzigen Diskussionen, bis hin zur puren Freude, Sachen zu schaffen, die man nicht für möglich gehalten hätte. Aber ein Seminar ist mir besonders stark im Kopf geblieben: Eine Schulklasse mit den unterschiedlichsten Menschen. Darunter war Luisa (Name geändert), die sich geschlechtlich nicht zuordnen wollte. Unser Team hat in dieser Berufsorientierungswoche gegendert, weil wir es für wichtig erachten, alle anzusprechen. Das hat die Teilnehmenden anscheinend so inspiriert, dass viele mitmachten und am Ende der Woche hat sich Luisa darüber gefreut, so mitgenommen und verstanden worden zu sein. Luisa konnte es uns sagen, wie sie sich fühlt, aber wie viele andere Menschen trauen sich vielleicht nicht! Deswegen ist mir das Gendern so wichtig, dass ich es im Seminarkontext immer mache und auch im Alltag es immer versuche – auch wenn ich es noch nicht perfekt draufhabe.

Clarissa: Für mich ist es immer wieder eine neue prägende Erfahrung zu sehen, wie eine Gruppe während eines Seminars zusammenwachsen kann. Man lernt viele unterschiedliche Charaktere kennen und beobachtet, wie sie in der Gruppe interagieren. Am Ende einer Seminarwoche ist es auch besonders zu merken, dass sich die Gruppe etwas von der Woche mitgenommen hat und die ein oder anderen sich sogar dafür bedanken.

So bin ich Teamer:in an der Jugendbildungsstätte geworden…

Tobias: Per Zufall: Auf der Suche nach einem Semesterpraktikum kam ich zufällig auf die Jugendbildungsstätte Waldmünchen, habe mich beworben und wenige Tage später stand fest, dass ich dort anfangen werde. Das Praktikum hat mir dann so viel Spaß gemacht, dass ich dann hängengeblieben bin – nicht immer zum Wohle meines Studiums, aber auf jeden Fall zum Wohle meiner beruflichen Erfahrungen. Ich habe manchmal das Gefühl, nirgends lernt man so viel wie hier 🙂

Miriam: Ich habe meinen Bundesfreiwilligendienst an der JuBi gemacht, aber als Bufdi wusste ich noch nicht so genau, ob das mein Ding ist oder nicht. Aber dann dachte ich mir ‚Hey, jetzt probierst du’s mal aus‘ und dann habe ich mich für ein Seminar angemeldet und es hat richtig Spaß gemacht und war richtig cool. Dann bin ich drangeblieben und habe gemerkt, dass das Teamen wirklich mein Ding ist und bin jetzt superfroh darüber. Das war ein echter Glücksgriff.“

Clarissa: Ich habe 2016 dort mein FSJ absolviert und danach begonnen Soziale Arbeit zu studieren. Da war für mich klar, dass ich während des Studiums gerne weiter an der JuBi arbeiten möchte. Nicht nur, weil die Tätigkeit als Teamer:in natürlich zu meinem Studium passte, sondern auch wegen der wertvollen Erfahrungen, die man in den Bildungsseminaren sammeln kann.

In Waldmünchen bin ich gern Teamer:in, weil…

Clarissa: …dort eine sehr familiäre Atmosphäre herrscht. Von den Hausmitarbeitenden bis hin zu den anderen Teamenden hat man das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. Die Pädagog:innen begegnen einem auf Augenhöhe und zeigen ihre Wertschätzung für die Arbeit, die man dort als Teamer:in leistet. Das Gelände sowie die Räumlichkeiten an der JuBi laden sehr dazu ein, die Zeit auch außerhalb des Seminars dort mit den Kolleg:innen zu verbringen.

Miriam: Das sind zwei Sachen. Erstens ist die JuBi wie eine große Familie. Als ich angefangen habe als Bufdi war ich mehr an der Rezeption und im Haus unterwegs, da wurde mir das am Anfang schon so gesagt und ich dachte mir so ‚Aha, ok.‘ Aber das stimmt wirklich. Man kommt da voll rein und die Zusammenarbeit untereinander ist sehr harmonisch. Egal in welchen Bereich du kommst, also Küche, Verwaltung, Rezeption oder Haustechnik, jede:r begegnet dir auf Augenhöhe und es ist ein gutes Miteinander. Alle leisten einen Beitrag, dass es eine gute Zusammenarbeit entstehen kann. Deshalb ist es so familiär. Und als zweites gibt es so viele verschiedene Bildungsbereiche an der JuBi und deshalb auch viele verschiedene Seminare, die man alle teamen kann. Wenn du sagst. ‚Hey ich will mal was Neues ausprobieren und ein deutsch-tschechisches Seminar teamen‘, dann kannst du das auch machen. Das ist so cool, dass du das alles ausprobieren kannst.

Tobias: …es eine riesige Familie ist, die Hand in Hand miteinander arbeitet und sich alle Menschen helfen, wo es nur geht. Man erfährt Rückhalt, Wertschätzung und Unterstützung, Gespräche auf Augenhöhe und trotzdem immer verknüpft mit viel Spaß. Außerdem sind die verschiedenen Seminare so vielfältig und inhaltsreich, dass man aus allem auch selbst unfassbar viel lernen kann und sich selbst immer weiterentwickelt. Man lernt hier Freunde für das Leben kennen, die ich so nicht mehr missen möchte. Der Austausch privat, aber auch fachlich, ist einfach immens und gibt einem sehr viel. Und mal ganz ehrlich: Das Essen ist schon auch echt nice!

Informationen

Jugendbildungsstätte Waldmünchen
Schloßhof 1
93449 Waldmünchen
office@jugendbildungsstaette.org
www.jugendbildungsstaette.org