Girls, Boys, Nature: Ein genderspezifisches Nachhaltigkeitsprojekt an der Jubi Windberg

Das Wochenende vom 1. bis 3. Mai stellte die Jugendbildungsstätte Windberg für Mitarbeiter/innen und Gäste ganz in den Dienst der Nachhaltigkeit. Zusammen mit dem Umweltpädagogen Georg Lindl befasste sich die größtenteils ehrenamtliche Gruppe von Betreuer_innen mit der Frage, wie Mädchen und Jungen mit der Umwelt umzugehen lernen. Unter dem Titel „Girls, Boys, Nature – BNE und Genderpädagogik“, gefördert vom bay. Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, wurden die einzelnen Teilnehmer_innen heraus aus der Komfortzone des Alltags hin zu einer Sehnsucht nach Veränderung und Wandel geführt.

Frater Felix Biebl, päd. Leiter der Jugendbildungsstätte, stellte zu Beginn dieser Fortbildung sehr passend die Windberger Prämonstratenserabtei mit Ihrer Geschichte von fast 900 Jahren in den Mittelpunkt: „Irgendwie müssen meine verstorbenen Mitbrüder schon nachhaltig gewirkt haben.“ An diesem Wochenende führt Umweltpädagoge und Referent Georg Lindl seine Teilnehmer_innen immer wieder mit bestechender Ehrlichkeit, Authentizität und fast schon beiläufigem Witz vor Augen, dass in unserer „westlich geprägten“ Lebenswelt vieles nicht mehr stimmig ist. Ob mitten im Wald, im Supermarkt oder im Altenheim: Kaum ein Auge blieb trocken und manch eine fragt sich: „Ist das denn meine Schuld?“ Es ist Freitagabend, 21 Uhr. Eine Gruppe aus 20 jungen Pädagog_innen steht im Windberger Wald und schaut betroffen drein, als der Referent fragt: „Was denkt ihr, wie viele Jahre braucht eine Fichte vom Pflanzen bis man sie ernten kann?“ 20 bis 60 Jahre werden geschätzt. Wie so oft konfrontiert Lindl mit der Wahrheit: Bis zu 120 Jahre, also 3-5 Generationen, müsse eine Fichte wachsen. Spätestens hier wird klar, dass Nachhaltigkeit Weitblick erfordert.

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Einkaufs-Ergebnis einer Kleingruppe: Bio-Gesundheit für 10 Euro – oder lieber mehr und weniger nachhaltig?

In einer der vielen praktischen Aufgaben müssen drei Kleingruppen mit jeweils 10 Euro entweder regional-saisonal, besonders gesund oder besonders viel einkaufen. In einer Ecke liegt nach etwa einer Stunde ein beachtlicher grüner Haufen, bestehend aus einem Salatkopf, Bärlauch aus dem Klostergarten und einer Menge Wildkräuter aus Wald und Wiese. Geld gekostet hat das nichts, aber wer soll davon satt werden? Eine weitere Ansammlung bietet gesunde Produkte mit Bio-Siegeln: richtig viel ist das auch nicht und Lindl weist darauf hin, die Produkte hätten teilweise lange Produktionswege. Der mit Abstand größte Einkauf kommt aus den benachbarten Supermärkten. Davon wird man wohl satt, allerdings stehen unaussprechliche Inhaltsstoffe und viele tausend Kilometer Transportweg für sich. Beim Betrachten der Ergebnisse lässt Lindl hier und da etwas von seinem beachtlichen Wissen einfließen, während sich die Teilnehmer_innen den selbst gepflückten Gänseblümchen-Salat schmecken lassen: Was für ein Klischee!

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Thema Nachhaltigkeit bei der Generationen-Gesprächs-Kleingruppe im Altenheim Mitterfels: Für beide Seiten war es sehr lehrreich und interessant.

Samstagnachmittag  begegnen die Teilnehmer_innen in einem Kleingruppen-Generationengespräch den Bewohner_innen des Altenheims in Mitterfels. Wieder ist Nachhaltigkeit das zentrale Thema. Ähnlich wie am Vortag geht ein Staunen durch die Runde, als die 71-jährige Frau P. erklärt: „Bei uns gab´s damals keinen Abfall! Unsere Brotzeit wickelten wir in weiße Tücher, die wir waschen und wiederverwenden konnten. Wir hatten weder Alufolie noch sonstige Verpackungsmaterialien. Nichts wurde weggeworfen, wirklich alles wiederverwertet.“

Zum Abschluss dieser Bildungsveranstaltung werden bereits bestehende Projekte zur Nachhaltigkeit vorgestellt und diskutiert, wie eigene Verhaltensänderung als Mann, als Frau funktionieren könnte. Kurz- und langfristige Ziele, der eigene „Ökologische Fußabdruck“ und wie er optimiert werden kann, sind hier die Themen. Die persönlichen Vorsätze sind weit gefasst: Vom Teilzeit-Vegetarier bis zum Umstieg auf ein Elektro-Auto ist nun alles dabei. Die Sehnsucht der  Jugendlichen nach persönlicher nachhaltiger Veränderung und gesellschaftlichem Wandel scheint geweckt. In den folgenden Wochen werden die Betreuer und Betreuerinnen intensiv diskutieren und gemeinsam Inhalte und Methoden vorbereiten, um ihre Sehnsucht nach Nachhaltigkeit auch in den Jungen und Mädchen zum Lodern zu bringen, die in den Windberger Bildungsfreizeiten von Juni bis September zu Gast sein werden. Rebecca, mit 16 Jahren jüngste Teilnehmerin, greift ganz am Ende noch zu ihrem Smartphone. Es erklingt ein Lied der Musikgruppe „Ärzte“ mit der sehr eindrücklichen Schlussphrase: „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“

Fotos und Text: (c) Jugendbildungsstätte Windberg.
Weitere Informationen:

Diplomsozialpädagoge Franz-Xaver Geiger
Bildungsreferent
Jugendbildungsstätte Windberg
Pfarrplatz 22
94336 Windberg
Tel. 09422-824-202