Gesichter der JuBis: Patrick Ziesel

Der neue Leiter des IG Metall Jugendbildungszentrums Schliersee stellt sich vor

Wieder einmal hat uns unsere Interviewreihe „Gesichter der JuBis“ an den Schliersee geführt, denn auf Leitungsebene gab es im Frühjahr einen Wechsel und wir wollten es nicht verpassen, euch Patrick Ziesel vorzustellen!

Patrick, du bist seit Februar 2022 der neue Leiter des IG Metall Jugendbildungszentrums am Schliersee. Erzähl doch zum Einstieg kurz etwas über dich persönlich: Wie bist du zur Jugendbildungsarbeit der IG Metall gekommen?
Kurz nach meinem Ausbildungsbeginn zum Industriemechaniker in Memmingen wurde ich von der betrieblichen Interessenvertretung auf die IG Metall und deren Arbeit aufmerksam gemacht. Gewerkschaft und Mitbestimmung – das hat mich sofort überzeugt und ich trat in die IG Metall ein. Ich wollte aber nicht nur passives Mitglied sein, sondern mich aktiv im Betrieb einbringen. So engagierte ich mich mehrere Jahre als Jugend- und Auszubildendenvertreter, später dann als Vertrauenskörperleitung auf betrieblicher Ebene sowie im Ortsjugendausschuss der Geschäftsstelle Allgäu. Die Bildungsarbeit begleitet mich dabei durchgängig. Erste Erfahrungen sammelte ich als Seminarteilnehmer, später war ich als ehrenamtlicher Jugendbildungsreferent in der regionalen Bildungsarbeit aktiv. Nach einem erkenntnisreichen Jahr an der Europäischen Akademie der Arbeit bekam ich das Angebot, als Referent im Jugendbildungszentrum Schliersee einzusteigen. Als Kind der Bildungsarbeit habe ich nicht lange darüber nachgedacht und die Stelle angetreten. Im Februar 2022 habe ich dann die Leitung des Bildungszentrums übernommen. Ich freue mich nicht nur über das entgegengebrachte Vertrauen, sondern auch auf die zukünftig anstehenden Herausforderungen, die ich gemeinsam mit meinem großartigen Team meistern darf.

Wer gehört denn zu diesem Team?
Das sind zum einen unsere sechs hauptamtlichen Bildungsreferenten:innen, Max habt ihr ja im Rahmen der Kampagne „stark gemacht!“ schon kennengelernt. Aber das Team ist natürlich noch größer und umfasst verschiedene Bereiche. Ganz viel Arbeit passiert im Hintergrund, die aber zwingend notwendig ist, damit sich die Teilnehmer:innen bei uns wohlfühlen und Seminare durchgeführt werden können. Die Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Seminarorganisation, Buchhaltung, Küche, Haustechnik und Reinigung machen hier täglich einen tollen Job! In dieser Interviewreihe wurden übrigens bereits unsere Kolleginnen Manuela Grebner und Eveline van der Lelij interviewt und haben Einblicke in die Bereiche Seminarmanagement und Küche gegeben.

Euer Bildungsschwerpunkt ist im Verbund der Jugendbildungsstätten Bayern einzigartig. Was ist deiner Meinung nach zentral für gewerkschaftliche Jugendbildungsarbeit?
Unsere Teilnehmenden werden in der Ausbildung zum ersten Mal mit den ökonomischen Interessen der Arbeitgeber:innen konfrontiert. Sie spüren den Konflikt zwischen den betriebswirtschaftlichen Überlegungen des Unternehmens und ihrem Wunsch nach einer guten Ausbildung mit einer zukunftssicheren Perspektive. Genau diese Erfahrungen gemeinsam zu bearbeiten, über gesellschaftliche Verhältnisse, das politische System, die vorherrschende Wirtschaftsordnung und die damit zusammenhängenden Lebens- und Arbeitsbedingungen aufzuklären, ist Aufgabe der gewerkschaftlichen Jugendbildungsarbeit. Wir wollen die Teilnehmenden im politischen Denken stärken und ihnen das nötige Werkzeug an die Hand geben, im Betrieb und in der Gesellschaft aktiv für Ihre und die Interessen der Beschäftigten einstehen zu können.

Wo siehst du einen Unterschied zum Lernen in Berufsschule, Fachhochschule oder Universität?
In der konsequenten Subjektorientierung. Unsere Teilnehmenden reisen bei ihrem ersten Seminarbesuch oft mit einem Bildungsverständnis an, das von negativen Erfahrungen aus dem Schulalltag geprägt ist. Wir als Referent:innen verstehen uns nicht als Lehrende, sondern vielmehr als Begleitende des gemeinsamen Lernprozesses. Uns ist es wichtig, eine offene und beteiligungsorientierte Atmosphäre zu schaffen, in der ein Lernen auf Augenhöhe – also ein Lernen mit- und voneinander – möglich ist. Unsere methodische Vielfalt unterstützt das und macht eine lerntypübergreifende Wissensvermittlung möglich.

Welche Veränderungen siehst du auf die gewerkschaftliche Jugendbildungsarbeit zukommen?
Wir müssen noch schneller und agiler werden. Wer wie die IG Metall den Anspruch auf Gestaltung hat, muss eine agierende Rolle einnehmen. Das geht nur mit Flexibilität und Geschwindigkeit – auch in der Bildungsarbeit. Um den Strukturwandel in den Betrieben in unserem Sinn gestalten zu können, müssen ergänzend zu den bestehenden Seminaren Formate geschaffen werden, mit deren Hilfe sich Mitglieder schnell den gewünschten Input holen können. Auch die Beratung und Begleitung von Gremien in betrieblichen Prozessen sehe ich als Erfolgsfaktor für gelungene Jugendarbeit im Betrieb. Das Thema der Gewerkschaftsmitgliedschaft muss nicht nur in unserem Lebens- und Arbeitsalltag, sondern auch in den Seminaren stärker in den Fokus gerückt werden. Die Stärkung der Organisationsmacht, das Definieren und Angehen kollektiver Interessen wird für die Gestaltung der Transformation in allen Bereichen elementar sein. Hierzu muss die Bildungsarbeit auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten.

Hast du dir für die kommenden Jahre bestimmte Ziele gesetzt?
Natürlich macht man sich im Zuge eines Führungswechsels hierzu Gedanken. An erster Stelle stehen für mich die Zufriedenheit und das Wohl der Teilnehmer:innen – und zwar von Ankunft bis zur Abreise. Alle Kolleg:innen im Bildungszentrum tragen gleichermaßen dazu bei, dass das Seminar zum Erlebnis wird und in Erinnerung bleibt. 2023 ist das Jahr nach den JAV-Wahlen, dementsprechend liegt hierauf der Fokus. Ich wünsche mir, dass wir die zwei Corona-Jahre hinter uns lassen und vollumfänglich in den Normalbetrieb zurückkehren. Ich habe ein tolles Haus übernommen, dennoch liegt mir die Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit der Bildungsstätte sehr am Herzen. Nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch steht die Bildungsarbeit vor Veränderungen. Sie wird digitaler, passgenauer und bedarfsorientierter werden müssen, um die Umsetzungs- und Gestaltungsfähigkeit im Betrieb und Gesellschaft weiter zu verbessern.

Max hat ja uns ja bereits von den Freizeitmöglichkeiten der JuBi vorgeschwärmt – was ist für Dich das Besondere am Jugendbildungszentrum Schliersee?
Wo soll ich anfangen? Die Lage in den oberbayrischen Alpen, der Seeblick, die Nähe zu München und die bayrische Gemütlichkeit ist einzigartig und bietet den Teilnehmer:innen eine Vielzahl an Möglichkeiten auch außerhalb des Seminars. Aber was ist schon ein wunderschön gelegenes Bildungszentrum allein? Es sind die Beschäftigten, die jeden Tag als tolles Team zusammenarbeiten, und die Teilnehmenden, die so zahlreich zu uns kommen – gemeinsam bilden wir die Seele des Bildungszentrums. Das spiegelt sich nicht nur in der Atmosphäre wieder, sondern auch in den ganzen von den Teilnehmenden erstellten Kunstwerken, die dem Bildungszentrum seinen speziellen Charakter verleihen. Werte wie Solidarität, Respekt und Antifaschismus sind für uns selbstverständlich und werden auch gelebt. Das alles zusammen genommen ist es, was das Bildungszentrum für mich zu einem einzigartigen Lernort macht.

Weitere Informationen

IG Metall Jugendbildungszentrum Schliersee
Unterleiten 28
83727 Schliersee
Telefon: 08026 9213-0
Website: www.igmetall-schliersee.de