Gesichter der JuBis: Niklas Gregull

Die Internationale Jugendarbeit am Aktionszentrum Benediktbeuern ist ihm eine Herzensangelegenheit

Die internationale Jugendarbeit fördert und unterstützt außerschulische Begegnungs- und Austauschprogramme für Jugendliche und junge Erwachsene. Sie ermöglicht das Kennenlernen anderen Länder und Kulturen und soll vor allem dazu beitragen, gegenseitiges Verständnis aufzubauen, interkulturelles Lernen, Toleranz und Offenheit zu praktizieren, das Zusammenwachsen Europas zu befördern sowie die eigene Verantwortung für die Schaffung einer friedfertigeren und gerechteren Welt zu begreifen. In unserer Jugendbildungsstätte in Benediktbeuern ist Niklas Gregull für die Internationale Jugendarbeit zuständig. Nach dem Ausbruch der Coronapandemie haben ihn Reisewarnungen, Einreise- und Quarantänevorschriften in besonderem Maße beschäftigt, denn sicherheitshalber mussten er und sein Team im März und April 2020 alle Auslandsfreiwilligen zurückholen. Danach war er am Aufbau der Don Bosco Volunteers Akademie beteiligt. Uns hat er im Interview etwas über seine lange Verbindung zu Don Bosco, das turbulente letzte Jahr und die anstehenden Projekte erzählt.

Niklas Gregull

Hallo Niklas, Du arbeitest in unserer JuBi in Benediktbeuern, dem Aktionszentrum (AZ). Dein Schwerpunkt ist die Internationale Jugendarbeit. Wie lange machst Du das schon?
Richtig eingestiegen bin ich 2013 und habe zunächst ehrenamtlich Seminare im AZ geleitet, ab 2015 war ich dann als Honorarkraft tätig und seit 2017 betreue ich im Haus die internationale Jugendarbeit mit. Die Salesianern Don Boscos sind aber schon viel länger in meinem Leben präsent und ihr Engagement für vernachlässigte und benachteiligte Kinder und Jugendliche hat mich seit jeher beeindruckt. Bereits meine Großeltern haben für die Salesianer gearbeitet und ich war vor meinem Studium der Politikwissenschaften in Wien selbst als Auslandsfreiwilliger mit Don Bosco Volunteers in Indien. Mittlerweile setze mich nun zusammen mit etwa 2.000 angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland sowie vielen Ehrenamtlichen dafür ein, dass „das Leben junger Menschen gelingt“ – so lautet nämlich der Leitspruch der Salesianer.

Kennst Du Benediktbeuern schon aus Deiner Zeit als Auslandfreiwilliger?
Da ich aus Berlin komme, war Bonn meine Entsendestelle, wo auch alle Informations- und Vorbereitungsseminare stattgefunden haben. Benediktbeuern ist die zuständige Stelle für alle Bewerber*innen aus Bayern und Baden-Württemberg. Das erste Mal war ich in Benediktbeuern um das Jahr 2006 in Form einer Ministrant*innenfahrt der Salesianer Pfarrei in Berlin, in der ich ausgewachsen bin.

Wo hast Du Deinen Auslandfreiwilligendienst geleistet?
In der indischen Stadt Vijayawada – einer relativ kleinen Stadt mit „nur“ 1,5 Millionen Einwohnern im Südosten des Landes. Dort habe ich rund zwei Jahre in einem Projekt für Straßenkinder und Kinderarbeiter*innen gearbeitet. Das Projekt heißt „Navajeevan – Neues Leben“ und ist bis heute ein wichtiger Teil in meinem Leben.

Berlin – Vijayawada – Wien – und dann Benediktbeuern! Bedeutete es für Dich eine große Umstellung, aus lauter Millionenstädten schließlich „aufs Land“ zu ziehen?
Nein, ich lebe da wo ich bin, egal wie groß oder klein ein Ort ist. Meine Frau arbeitet für das Freiwilligenprogramm VIDES der Don Bosco Schwestern in München und wir haben damals einen Ort auf dem Land gesucht, wo wir beide arbeiten können – Benediktbeuern bietet uns all das.

Was schätzt du an der Arbeit bei den Salesianern in Benediktbeuern?
Mich beeindruckt diese besondere Verbindung von einem so historischen Ort wie dem Kloster mit seiner über 1250 Jahre alten Geschichte und der Jugendarbeit. Und man darf Benediktbeuern aufgrund seiner Lage oder Größe nicht unterschätzen – es gibt hier eine enorme Internationalität und regen kulturellen Austausch. Das Aktionszentrum Benediktbeuern hat schon lange durch die Mitgliedschaft bei Don Bosco Youth-Net eine internationale politische und vor allem auch europäische Seite. Und dass die Salesianer Don Boscos in mehr als 130 Ländern der Welt tätig sind, tut seinen Rest.

Für die Europawahlen vor zwei Jahren habt ihr damals einen Europaraum konzipiert – welche Aktionen sind im Superwahljahr 2021 geplant?
Mit dem Europaraum wollten wir 2019 Europa und die Europäische Union für junge Menschen erfahrbar zu machen. Die Jugendlichen konnten sich interaktiv über jugendpolitische Positionen der Parteien schlau machen und am politischen Stammtisch aktuelle Themen diskutieren. Natürlich stand der Themenraum den jungen Wähler*innen auch im Rahmen der U18-Wahl  als Informationsquelle bereit. Die U18-Wahl wird es auch dieses Jahr wieder geben. Wir werden zu Diskussionsrunden einladen und so Möglichkeiten schaffen, junge Menschen am politischen Prozess zu beteiligen. Wie die Angebote im Einzelnen aussehen, ist allerdings noch davon abhängig, ob und unter welchen Auflagen wir das Aktionszentrum wieder für Gruppen öffnen dürfen. Man kann auf jeden Fall gespannt sein! Das Jahr hat in diesem Zusammenhang auf jeden Fall schon spannend angefangen, weil die Große Koalition ja einen konkreten Vorschlag gemacht hat, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen.

Niklas (2.v.r.) und sein Team haben die Don Bosco Volunteers Akademie ins Leben gerufen

Das vergangene Arbeitsjahr war ja ziemlich aufregend und anspruchsvoll – erst musstet ihr die Rückholaktion der Freiwilligen managen und dann habt ihr in Windeseile die Don Bosco Volunteers Akademie aufgebaut, um den Freiwilligen, die nicht an ihren eigentlichen Einsatzorten sein können, eine Perspektive zu bieten. Kehrt gerade wieder etwas mehr Normalität ein oder wie ist die Situation?
Man könnte sagen, „das Chaos ist zur Normalität geworden“. Wir sind viel damit beschäftigt, die neuesten Verordnungen umsetzten, um hier im AZ für alle eine möglichst sichere Umgebung zu schaffen. Das ist natürlich eine große Herausforderung, weil das oft sehr kurzfristig passiert und es eine langfristige und sichere Planung, wie wir es gewohnt waren, so gerade nicht gibt. Bei all dem müssen wir uns natürlich stets die Frage stellen, wie wir unserem eigentlichen Auftrag der Jugendarbeit noch gerecht werden können. Wir sind meiner Meinung nach noch zu stark im Reagieren verhaftet und müssen wieder stärker ins Agieren kommen, also ins aktive Gestalten von Jugendarbeit. Das Verzwickte an der Situation ist, dass aufgrund fehlender Präsenzseminare gerade Finanzierungen für Stellen wegbrechen oder die Kolleg*innen in Kurzarbeit sind – und ohne die Menschen kann man schwer Neues aufbauen. Aber nur Stillstand zu verwalten, ist nicht unser Auftrag.

Vieles hat sich – gezwungenermaßen – verändert und in den digitalen Raum verlagert. Kannst Du der Entwicklung auch etwas Positives abgewinnen, gibt es vielleicht Formate, die ihr auch in Zukunft beibehalten möchtet?
Definitiv! Zur Onlineausgabe des Don-Bosco-Fests, bei dem es kürzlich um die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ging, haben sich zum Beispiel spontan über 50 Teilnehmer*innen angemeldet. Wir erreichen online auch junge Leute, die an Präsenzveranstaltungen vielleicht nicht teilgenommen hätten. Wir möchten digitale Formate auch in Zukunft dazu nutzen, um unsere analogen Angebote zu bereichern. Wir haben mit den Kolleg*innen hier im Aktionszentrum ein wöchentliches Innovationstreffen ins Leben gerufen, wo wir uns genau mit diesen Themen beschäftigen und neue Formate und Angebote entwickeln.

Welche Aufgaben hast Du derzeit oder kommen auf dich zu?
Wir planen im Februar den Abschluss unserer Freiwilligenakademie – in welcher Form bleibt natürlich abzuwarten. In den letzten Wochen haben wir vor allem für unsere Freiwilligen neue Stellen gesucht oder teilweise neu geschaffen. Denn von 23 Volunteers möchten 17 in der Don Bosco Familie bleiben und wir wollen ihnen eine Perspektive geben. Parallel suchen wir schon nach Freiwilligen für den neuen Jahrgang. Ich persönlich bin außerdem gerade konzeptionell stark im Don Bosco Youth-Net aktiv, dessen Präsident ich seit Oktober bin. Wir entwerfen online-Konzepte oder suchen alternative Finanzierungsmöglichkeiten, denn durch Corona stehen viele Mitglieder im europäischen Netzwerk schlecht da und wenn Träger schließen müssen, wird das Netzwerk löchrig, der direkte Kontakt bricht weg und wir können die Jugendlichen, die uns brauchen, nicht mehr erreichen. Dieses Netzwerk zu erhalten ist eine große Aufgabe für die Zukunft, denn es braucht europäische Jugendarbeit, den Austausch, das Netzwerken und das gegenseitige voneinander Lernen.

Wie motivierst du Dich, wenn Du gerade mal einen Lockdown-Durchhänger hast?
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit unserer Arbeit einen Beitrag für eine bessere Gesellschaft leisten, und das motiviert mich weiterzumachen – für eine nachhaltigere und lebenswerte Welt, in der die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen gehört werden.

Informationen

Jugendbildungsstätte Aktionszentrum
Don-Bosco-Straße 1
83671 Benediktbeuern
Tel.: +49 (0) 8857 / 88 – 303
info@aktionszentrum.de
www.aktionszentrum.de